Kalte Heimat: die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945 by Andreas Kossert

Kalte Heimat: die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945 by Andreas Kossert

Autor:Andreas Kossert [Kossert, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fachbücher, Germanistik, Epochen, NS-Zeit & Exil, Geschichtswissenschaft, Deutsche Geschichte, Bundesrepublik, Nationalsozialismus, Neuzeit, Politik & Geschichte, Das Dritte Reich
ISBN: 9783570551011
Google: -0rDPwAACAAJ
Herausgeber: Pantheon
veröffentlicht: 2015-03-16T16:00:00+00:00


Umbenennung der Tilsiter Straße in Ost-Berlin, 6. November 1969 In der DDR, wo die Vertreibung der Deutschen »Umsiedlung« genanntwurde, mußte auch die Erinnerung an die Heimatgebiete eines Viertels der Bevölkerung weichen. In den alten ArbeiterbezirkenBerlins, in Friedrichshain und Prenzlauer Berg, fielen ganze Straßenzüge einer ideologisch motivierten Umbenennungsaktion zum Opfer. Anstelle der historisch gewachsenen Namen wählte man verdiente Kommunisten aus, die als »Antifaschisten« gegen den Nationalsozialismus gekämpft hatten. Unter Teilnahme von Armeeeinheiten,unter anderem Abordnungen des Wachbataillons »Feliks Dzierzynski«, wurde in Friedrichshain am 25. Todestag Richard Sorges die Tilsiter Straße feierlich nach dem »Held der Sowjetunion«benannt. Über den deutschen Journalisten, der während des Zweiten Weltkriegs in Japan für die Sowjetunion spioniert hat, drehte Veit Harlan 1954 den Film »Verrat an Deutschland«, der schon am Tag nach der Münchner Uraufführung abgesetzt wurde und erst nach erheblichen Veränderungen die Freiwillige Selbstkontrolleder Filmwirtschaft passieren konnte.

Die SED-typische Mischung aus Aufstiegsangeboten und Assimilationszwängen erreichte zumindest die jüngeren Vertriebenen. In der Schule und auf Schulungen lernten die jungen Menschen, die Vertreibung gewissermaßen als Strafe für die NS-Verbrechen zu akzeptieren. »Umsiedler« sollten Staatsbürger und Werktätige sein wie alle anderen Bewohner der DDR. Daß die jungen Menschen eher zu erreichen waren, hing aber auch – wie in Westdeutschland – mit deren Wunsch zusammen, sich von der Vertriebenenidentität der Eltern durch Überanpassung zu distanzieren. Noch größere Wirkung hat die Aufbau- und Aufstiegsdynamik der frühen DDR-Gesellschaft entfaltet, die bis in die 1960er Jahre hinein durch Wirtschaftswachstum, aber auch durch die gewaltsame Verdrängung der sozialen Eliten erzeugt wurde. Zu sozialistischen Bedingungen wurde den Vertriebenen hier tatsächlich eine neue Heimat geboten.



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